Als ESD (engl. electrostatic discharge) wird die elektrostatische Entladung bezeichnet. Für einen Potentialausgleich entsteht ein Durchschlag oder ein Funke, der an elektronischen Geräten hohe elektrische Spannungsimpulse erzeugt. Die bekannteste Wahrnehmung ist das Spüren eines elektrischen Schlags. Wenn beispielsweise Kunststoffrollen von Bürostühlen über Böden rollen, Kleiderärmel über den Schreibtisch gleiten oder Gummisohlen über den Boden schlurfen, baut sich durch die Reibung elektrische Ladung auf, die wegen der isolierenden Eigenschaften der Kunststoffe nicht abgeleitet werden kann. Bei der Berührung von jeglichen geerdeten Gegenständen und Geräten entlädt sich die aufgebaute Energie und es kommt zur elektrostatischen Entladung.
„elektrostatisch gefährdend“
Damit der Mensch eine Entladung spürt, sind rund 3‘000 Volt nötig. Viele elektrostatische Entladungen sind jedoch deutlich unter 3‘000 Volt und deshalb für den Menschen nicht spürbar. Je trockener die Luft, desto stärker die Aufladung. Bei enorm trockener Luft von 10% bis 20% Luftfeuchtigkeit kann bereits das Öffnen eines Plastiksackes Ladungen von bis zu 20‘000 Volt erzeugen.
Obwohl 20‘000 Volt reichlich bedrohlich klingen, sind Stromstösse durch elektrostatische Entladung normalerweise nicht gesundheitsschädlich. Gefährlich können sie jedoch trotzdem sein. Der Schreckmoment birgt eine Unfallgefahr und beim Umgang mit explosiven Stoffen (z.B. Farben) kann eine elektrostatische Entladung von 50 Volt zum zündenden Funken werden, welcher eine Explosion auslösen kann.
„elektrostatisch schützend“
Bei elektronischen Komponenten reichen bereits 30 Volt unkontrollierte elektrostatische Entladungen aus, um diese zu beschädigen. Weiter braucht es lediglich 100 Volt, um eine Information auf einem magnetischen Datenträger zu löschen und 5 Volt, um hochempfindliche Leseköpfe von Hard Disks während deren Fabrikation zu beschädigen.
In vielen Fällen verursachen Entladungen statischer Elektrizität aber vor allem latente Schwächungen, die sich erst nach einiger Zeit und unter spezifischen Bedingungen als Defekt oder Störung herausstellen.
Für Unternehmen aus der Elektronikindustriebranche ist deshalb der ESD-Schutz von enormer Wichtigkeit.
„Wo keine Aufladung, da keine Entladung“
So wenige Bewegungen wie möglich und eine ESD-sichere Ausstattung senken das Risiko einer statischen Aufladung durch Personen auf ein Minimum.
Die Etablierung einer Electrostatic Protected Area (EPA), in der mit ESD-gefährdeten Bauteilen sicher umgegangen werden kann, erfordert ein umfangreiches Schutzkonzept.
Die wesentlichen Punkte hierfür sind sowohl interner als auch externer Schutz der Bauteile und organisatorische Massnahmen, mit denen Mitarbeiter, Lieferanten und Besucher aktiv eingebunden werden.
Personenerdung
Personen sind die Hauptquellen elektrostatischer Ladung. Schuhe und Handgelenkarmband mit Erdungskabel sind für alle Mitarbeiter in der Elektronikfertigung unumgänglich. Weiter kann durch ESD-Handschuhe, ESD-Fingerlinge, ESD-Mäntel, ESD-Shirts oder ESD-Jacken die elektrostatische Ladung eingedämmt werden.
Arbeitsplatz
Elektrostatische Ladung wird über die Arbeitsfläche und ein Erdungskabel abgeleitet, so dass der Arbeitsplatz ladungsneutral bleibt. Ebenso sollte der Stuhl, die Fussstütze oder die Stehhilfe ESD-Schutz aufweisen.
Markierungen
Markierungen am Boden kennzeichnen ESD-geschützte Bereiche. Ebenso wichtig sind Schilder, Etiketten, Klebebänder und Aufkleber, um auf potenziell gefährdete Bauelemente und Baugruppen hinzuweisen.
Lagerung / Behälter
Ableitende ESD-Behälter, Eurobehälter, SMD-Kleinbehälter, Schubladeneinsätze, Schubladenmagazine, Leiterplattenständer, Schaumstoffe, Versandschachteln, Flaschen, Folienbeutel und Schlauchfolien für den Transport und die Aufbewahrung von Bauteilen schützen gefährdete Bauteile. Die Transportwagen sollten ableitfähige Räder besitzen.
Fussboden
Der Fussboden sollte ableitfähig sein und die geforderten Grenzwerte erfüllen. Bei der Reinigung von ESD-Bodenmatten bzw. Bodenbelägen nur Pflegemittel verwenden, die keine Schichten aufbauen, damit die Ableitwerte im gewünschten Bereich bleiben. Ebenfalls auf ESD-Besen, Kehrsammler, Spachtel, Tücher und Abfallbehälter zurückgreifen.
Weiter ist es notwendig, Schutzeinrichtungen bzw. das Material regelmässig messtechnisch zu überprüfen und allenfalls zu erneuern. Beim Betreten einer EPA sollten jeweils Messungen erfolgen. Arbeitstische, Tischmatten inkl. Druckknöpfe, Bodenmatten, Erdungskabel, Schuhe, Handschuhe, Bekleidungen, Erdungsanschlüsse und Erdungsbausteine sowie Verbindungsleitungen sollten regelmässig überprüft werden.
Dabei sollte der Ableitwiderstand jeweils folgende Werte aufweisen:
Es gilt im Vorfeld einer Einrichtung der EPA abzuklären, wieviel Volt das zu bearbeitende Material an elektrostatischer Entladung verträgt.
Wir beraten Sie gerne. Kontaktieren Sie uns jederzeit für allfällige Fragen und Beratungen.
Ableitwiderstand
Unter Ableitwiderstand versteht man den Widerstand zwischen einer Elektrode auf der Oberseite einer Einrichtung und dem ESD-Erdungspunkt.
Antistatisch
Bedeutet „aufladungsvermindernde Eigenschaft“. Kann z.B. eine spezielle Art von Kunststoff sein.
Conductive
Bedeutet „leitfähig“. Materialien, bei denen der Oberflächenwiderstand grösser als 102 Ohm und kleiner als 105 Ohm ist (nach DIN EN 61340-5-1).
Dissipative
Bedeutet „ableitfähig“. Materialien, bei denen der Oberflächenwiderstand grösser als 105 Ohm und kleiner als 1011 Ohm ist.
EBP = Earth Bonding Point
Ist der gekennzeichnete Anschluss für alle ESD-Erdungsmassnahmen. Der EBP darf nicht als Schutzleiter verwendet werden.
Elektrostatische Aufladung
Die ruhenden elektrischen Aufladungen, welche durch mechanischen Kontakt und anschliessende Trennung von Materialien entstehen.
EPA = Electrostatic Protected Area
Ein mit ESD-Schutzmassnahmen ausgestatteter Arbeitsbereich, in dem elektrostatisch empfindliche Bauelemente gehandhabt werden können, ohne diese zu beschädigen.
ESD = Electrostatic Discharge
Elektrostatische Entladung zwischen aufgeladenen Körpern durch direkten Kontakt oder Überschlag.
ESDS = Electrostatic Discharge Sensitive Devices, auch EGB = Elektrostatisch gefährdetes Bauteil
Bauteile oder Bauelemente, die durch elektrostatische Entladungen bei Bearbeitung oder Transport beschädigt werden können.
Isolator
Materialien sind isolierend, wenn der Oberflächenwiderstand grösser als 1011 Ohm ist.
Low Charging
Dank dieser Eigenschaft laden sich Materialen bei Kontakt und anschliessender Trennung bzw. Reibung nicht oder nur unwesentlich auf.